Catch the Spirit: Hochzeitsfotografie (Reloaded)
So teuer?!“ Ich stehe mit einem Branchenkollegen in der Pause einer Medienveranstaltung auf der Terrasse des Tagungshotels. Wir rauchen. Gerade hat er mich gefragt, wie hoch mein Honorar bei einer Hochzeitsreportage sein würde. „Das ist ja so viel wie bei einer professionellen Reportage.“ Ihm sind die Tageshonorare von Reportagefotografen wohl bekannt, er ist Fotoredakteur. Ich frage ihn, warum er eine Hochzeitsreportage als nicht professionell ansieht.
Ich beobachte wie sich sein sonst so souveräner Businessblick zu einem Hundeblick verwandelt, während er an seiner Zigarette zieht. „Naja, ich dachte nur, ist ja eine private Veranstaltung. Keine Veröffentlichung oder so. Und meine Schwester heiratet demnächst, deshalb dachte ich… Die ganze Geschichte wird eh schon so teuer…“.
Nur Kriegsfotografie ist härter als Hochzeitsfotografie
Wie er wohl gucken wird, wenn ich ihm sage, dass ich für Hochzeiten eigentlich noch eine Zulage berechnen müsste. Wegen verschärfter Bedingungen. Nur Kriegsfotografie ist härter als Hochzeitsfotografie.
Stattdessen antworte ich verständnisvoll: „Ich weiß, ist teuer, so eine Hochzeit. Es soll ja ein perfekter Tag werden. Das schönste Outfit, die stimmungsvollste Location, die Luxuslimousine, die größte Hochzeitstorte, das beste Catering, die coolste Band, und das exklusivste Hotel. Da läppert sich was zusammen. Wenn der Fotograf, der all das für die Ewigkeit festhalten soll, dann auch noch so teuer ist…“ Es blitzt Hoffnung in seinem Gesicht auf: „Ja, genau! Und, könnten wir noch was am Preis machen?“
Einen kurzen Augenblick lang widerstehe ich dem Impuls, ihn vors Schienbein zu treten. Dann frage ich ihn: „Wenn Ihr kein Geld für einen professionellen Fotografen übrig habt, warum fragst Du nicht unter den Gästen, ob jemand fotografieren würde? Oder was ist mit dem jungen Kollegen, der für Euch jetzt immer die Events fotografiert? Der hat doch inzwischen viel Routine, dürfte aber noch moderatere Preise nehmen.“
Fokus auf den Zauber
Mein Gegenüber winkt ab. „Nein, die Gäste sollen sich doch da nicht unter Druck fühlen, die sollen einfach die Hochzeit genießen können. Außerdem ist da niemand bei, der das wirklich gut kann. Und die Gefahr, dass dann irgendein wichtiger Moment oder Gast nachher nicht gut getroffen ist, ist einfach zu hoch. Und es soll ja etwas Besonderes sein und auch so in Erinnerung bleiben. Und der Kollege… ja, an den habe ich auch schon kurz gedacht. Der macht das auch ganz gut, so dokumäßig. Aber für so einen Anlass passt der Stil nicht. Da fehlt ihm noch was.“
„Was fehlt ihm denn?“ frage ich. „Er ist doch gut ausgestattet, professionelle Cam, gute Objektive. Und er hat einen großen Blitz.“ Mein Gesprächspartner verzieht sein Gesicht. „Ja, genau! Der blitzt einfach jede Stimmung platt. Hauptsache hell.“ Er lacht. Ich lächle höflich mit.
So unter uns…
Er sieht mich prüfend an. Drückt dann seine Zigarette aus und reicht mir ein Glas Rotwein, das uns soeben von einer lächelnden Servicekraft angeboten wurde. „Nein, was ihm fehlt, ist dieser bestimmte Blick.“ Ich lächle ihn etwas fragend an. „Einfach dieses gewisse Etwas. Eben diesen…, diesen Spirit in einem Moment einfangen zu können.“ Ich lächle immer noch. Er aktiviert seinen ganzen Charme. „Eben das, was Du hast. Du schaffst es immer, die Menschen gut aussehen zu lassen. Ohne Vorbereitung, ohne Posing. Du rückst die Leute in ein besonderes Licht. Und egal, wann man später Deine Bilder anschaut, man weiß immer wie die Stimmung wirklich war. Auch wenn man selber gar nicht dabei war.“ Er kommt ein wenig näher und schaut mir tief in die Augen. „Das ist eine ganz besondere Gabe! Das kann nicht jeder!“
Ich freue mich über das Kompliment und senke verlegen meinen Blick. Nippe an meinem Rotwein. Und höre ihn fragen: „Würdest Du vielleicht fünfzig Prozent Kollegenrabatt gewähren? Die Fahrtkosten würden wir natürlich übernehmen und selbstverständlich könntest Du vom Hochzeitsbüffet mitessen!“
Ich schaue lächelnd zu ihm hoch. Und sage: „Nein.“
Tipps rund um die Hochzeitsfotografie
Was wollt Ihr eigentlich?
Die Antwort „Na, alles!“ ist sehr unterschiedlich interpretierbar. Wenn das Hochzeitspaar es wünscht, kann vom Heiratsantrag, über den Kauf der Hochzeitsklamotte, den JunggesellInnenabschieden, dem Besuch beim Friseur am Hochzeitsmorgen, das Styling, das Ankleiden vor der Zeremonie, die standesamtliche und die kirchliche Hochzeit, die Hochzeitsspiele, die Brautentführung, die romantischen Hochzeitsfotos, alle Hochzeitsgäste gemeinsam oder auch alle einzeln, mit oder ohne das Hochzeitspaar, die Party, The Day After und die Abreise in die Flitterwochen stimmungsvoll wie eine Foto-Love-Story dokumentiert werden. Denn das gehört ja alles zum großen Tag dazu. Also: Was wollt Ihr genau?
Der Tag der Tage: Die Vorbereitung
Vorfreude, Aufregung, Nervosität – Das Vorspiel zur Zeremonie ist emotionsgeladen und farbenreich. Aufgeregte Brautleute, Eltern, die besten Freunde wuseln mit herum, helfen beim Ankleiden und Stylen, es gibt lachende und stille Momente. Die Stunden vor der Zeremonie können als Ritual gestaltet werden, und wer eine große traditionelle Hochzeit plant, sollte auch diesen Part für den Fotografen berücksichtigen.
Die Zeremonie
Wer die Hochzeitszeremonie als bedeutenden, einzigartigen und wichtigen Moment in Erinnerung behalten möchte, tut gut daran, den Hochzeitsgästen ein Fotoverbot in der Kirche auszusprechen und allein dem Hochzeitsfotografen diesen Part zu überlassen. Er wird sich dezent im Hintergrund halten und nur ganz gezielt und so wenig wie notwendig auf den Auslöser drücken. Nichts zerstört einen heiligen Moment des Ja-Wortes mehr, als begeisterte Hochzeitsgäste neben und hinter dem Altar, die den Brautleuten das Handy ins Gesicht halten oder unentwegt den Spiegel ihrer Kameras klacken lassen.
Die Hochzeitsfotos
Es hat sich bewährt bei der Planung zumindest darüber nachzudenken, die eigentlichen Hochzeitsfotos, traditionell vor der Kirche, im Park oder einer besonderen Location, erst einige Tage später zu machen. Das ist sowohl für die Brautleute, als auch für die Gäste, als auch für den Fotografen schöner. Nach der Zeremonie möchten die Gäste ihr Brautpaar feiern und hochleben lassen, nach dem Feiern und hochleben lassen haben alle Hunger, und nach dem Essen haben Brautleute und Brauteltern ein Schnitzel-Koma-Gesicht, das Kleid die ersten Falten, das Hemd die ersten Flecken, und alle sind zwar aufgekratzt, aber auch ziemlich müde. Für die Hochzeitsfotos sind ein ausgeruhtes Brautpaar und frische Brautkleidung angemessener, und man hat viel mehr Gestaltungsfreiheit.
Die Hochzeitsgesellschaft
Unabhängig von den geplanten Hochzeitsfotos sind die Fotos mit der gesamten Hochzeitsgesellschaft oder auch nur den wichtigsten Verwandten und Freunden vor der Kirche obligatorisch. Der Fotograf wird sich schon vorher den besten Platz mit dem besten Licht dafür ausgesucht haben und sich mit den Wedding Planern (meistens den Eltern oder Freunden des Brautpaars) kurz geschlossen haben, wie man die gesamte Gesellschaft schnell und unaufgeregt zusammen treiben kann. Stühle für die älteren Herrschaften sollten dann schon bereit stehen, und der Fotograf wird mit Hilfe der Wedding Planer alle Gäste an die richtigen Positionen delegieren. Nach dem großen Gruppenfoto folgen die Fotos mit der engsten Familie. Länger als zehn Minuten sollte das ganze Prozedere nicht dauern, weil es sich sonst zum Show Stopper entwickeln und sich auf die Gesamtstimmung auswirken kann.
Häufig wird im Vorfeld danach gefragt, ob es nicht möglich wäre, jeden Gast, bzw. jedes Paar gemeinsam mit dem Brautpaar zu fotografieren. Möglich ist alles, aber je nach Größe der Hochzeitsgesellschaft wird es dann keine Zeit mehr zum Essen und Feiern geben.
Die Fotoecke
Bei großen Gesellschaften hat es sich bewährt, dort wo gefeiert wird eine Fotoecke einzurichten. Der Hintergrund kann nach Vorlieben und Geschmack der Brautleute gestaltet werden, ebenso die Schatzkiste mit den Accessoires, die man für Dekozwecke dazu anbieten kann. Die Gäste können sich dann hier nach Gelegenheit und Laune gegenseitig fotografieren, und die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Fotos im Laufe des Tages immer lustiger werden und auch später immer wieder gern mit großem Gelächter angesehen werden. Als Kamera eignet sich zu diesem Zweck eine einfache digitale Kompaktkamera. Meist findet sich unter den Gästen ein Hüter der Kamera, der auch zwischendurch die Speicherkarte leert.
Die Feier
Zur Feier gehören häufig Brautspiele, das Büffet, das Essen, das Anschneiden der Hochzeitstorte, der Hochzeitstanz, und stimmungsvolle Bilder von gerührten und gut gelaunten Brautleuten und Hochzeitsgästen. Der Hochzeitsfotograf wird während der ganzen Zeit Details einfangen, das Miteinander der Brautleute und der Gäste einfangen, und dabei weitestgehend unsichtbar bleiben. Und er wird ein Gespür dafür haben, wann es Zeit ist die Kamera einzupacken.
Ein guter Hochzeitsfotograf...
…wird die oben aufgeführten Optionen vor dem Hochzeitstermin detailliert mit den Wedding Planern oder den Brautleuten besprechen.
…wird auf den Tag gut vorbereitet sein, seine Akkus und Ersatzakkus aufgeladen, Speicherkarten geleert, sein Fotoequipment komplett dabei haben.
.Guter Kaffee..wird sich während des ganzen Tages so weit im Hintergrund halten und so wenig auffallen, dass die Gäste später beim Betrachten der Fotos überrascht darüber sein werden, dass sie fotografiert wurden.
…braucht dennoch Verpflegung: Ein hungriger und durstiger Fotograf kann nur ein schlechter Fotograf sein. Natürlich sollte er sich ebenso am Buffet und an den (alkoholfreien) Getränken bedienen können, wie die Gäste.
…wird auch die Veröffentlichung und den Zugriff auf die Fotos im Vorfeld detailliert nach Wünschen der Brautleute geklärt haben: Ob passwortgeschütze Web-Galerie für alle Gäste oder nur eine Foto-CD für das Brautpaar, ob die Gestaltung eines Hochzeitsalbums oder einer Audioslideshow – Jeder Fotograf hat seine individuellen Angebote. Pay per Print ist nicht mehr zeitgemäß, außer es handelt sich um hochwertige Ausbelichtungen individuell bearbeiteter Einzelfotos.
…ist gut, weil er von Stil und Art und Chemie zu einem passt. Und das ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Es hilft, sich vorher die Arbeiten des Fotografen anzuschauen. In einem ausführlichen Vorgespräch wird sich dann zeigen, ob auch alles andere passt.
Weiterführende Links
- 121 Tipps & Tricks rund um die Hochzeitsfotografie von Olaf Bathke, Hamburg
- 76 Tipps für Brautpaare von Fotograf Roland Michels, Hamburg
- Hochzeitsfotografin Andrea Jüttner-Lohmann, Niedersachsen
- 10 Tipps zur Hochzeitsfotografie von Fotograf Martin Gommel, Karlsruhe
- Großes Hochzeitsfotokino von Fotograf Ondro, Stuttgart
- Royal Wedding, Profitipps von Fotograf Scott Kelby, Florida
Diese Artikel ist erstmals am 31. Juli 2013 auf meinem alten Blog shamani.de erschienen und ist von dort über 1.200x geteilt worden..
Liebe Hobbyfotografen! Bitte werdet alle Semi-Profis! - Fotografie Sandra Schink
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